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DIE LESBARKEIT DES SPIELFELDES von Hagen Bonifer

Die Einladungskarten für die Vernissage waren gedruckt, aber die erste Ausstellung der Frankfurter KunstSäule im Jahr 2020 darf wegen des Corona-Virus nicht mit einer Vernissage eröffnet werden. Und doch ist durch den Einsatz des wackeren Plakatklebers von Ströer die neue Ausstellung seit heute Mittag plakatiert – wie immer, am Brückenstraßenspielplatz im Herzen von Sachsenhausen. Hagen Bonifer zerlegt das Spielfeld eines Fußballplatzes passend zur Corona-Krise, die den ganzen Fußball lahmlegt und offensichtlich auch zerlegt.
Blickt man in den Sportteil der Zeitung, mehren sich die Beiträge, dass nach Corona der Fußball nicht mehr so sein wird wie zuvor. Das Prinzip des immer größer, immer teurer, immer lauter ist an ein Ende gekommen. Die Entgleisungen von Teilen der Ultra-Fußballfans mit Hass-Parolen zuletzt waren wie ein Abgesang vor der nun existierenden Zwangspause. Immer mehr Wettbewerbe und Live-Übertragungen führen auch zu einer zunehmenden Verwässerung und zu einem Verlust an Spielkultur. Ja, der Fußball wie er war, wird in den Tagen des Stillstands fast lautlos zerschmettert und blickt einer ungewissen Zukunft entgegen.

Da kommt die Frühlingsausstellung auf der Frankfurter KunstSäule gerade recht! Denn hier zerlegt der hintersinnige Künstler Hagen Bonifer die Kreidelinien des Fußballplatzes in einzelne Zeichen und plädiert visuell eindrücklich für einen Neuanfang: Das Geschäft Fußball, diese globale, ubiquitäre Krake, muss neu gedacht, organisiert und sortiert werden. Insolvenzen von kleineren Vereinen sowie sinkendes Niveau auf dem Transfermarkt und bei Gehältern zeichnen sich bereits ab.

Die Corona-Krise haut uns alles um die Ohren, was so schön säuberlich sortiert war. Hagen Bonifer zeigt mit seiner Arbeit, auf der die Linien, die den Fußball fassen, wie explodierte Fragmente erscheinen, den Moment des Zerfalls. Seine Hieroglyphen werden aber auch zu einem eigenen Alphabet, das helfen kann, eine Neusortierung des Fußballs zu formulieren.

Die Malerei von Hagen Bonifer auf der KunstSäule ist in zwölf Felder im großen Format (Höhe 3,60 m, Umfang 4,25 m) unterteilt und ist in ihren variantenreichen Grüntönen ein hoffnungsvoller Frühlingsbote.